PONTES XI: Antike Erzähltechniken – Rezeptionen vom Mittelalter bis zur Gegenwart
Freiburg i. Br., 26.–28. September 2024
Die Rezeptionsforschung hat sich mit vielen inhaltlichen und formalen Charakteristika der antiken Literatur beschäftigt – von Themen und Figuren über Einzelwerke und Genres bis hin zu Motivik und Stil. Die Rezeption antiker Erzähltechniken stand bisher aber eher im Schatten. Dabei bieten sich eine ganze Reihe von lohnenden Phänomenen, die im Anschluss an die antike Literatur weiter gepflegt, adaptiert oder neu gedacht worden sind. Beispiele umfassen:
- das Arsenal epischer Techniken wie Musenanruf, proems in the middle, Kataloge, typische Szenen, Götterapparat, in medias res, Apostrophen an die Figuren (z.B. Reitz/Finkmann 2019)
- Merkmale der vorwiegend romanhaften Literatur wie alternierende Erzählstränge, Rekapitulationen, Herausgeberfiktion, Geschichten in der Geschichte (z.B. Hägg 1971)
- gattungsübergreifende Techniken wie das abschließende Hervortreten des Autors in eigener Sache (Sphragis), Metalepsen (Kuhn-Treichel 2023), Autorenkommentare oder bestimme Arten der Redewiedergabe, z.B. charakteristische Handhabungen von direkter, indirekter oder erlebter Rede (Jong u.a. 2004–2022)
- Metaphern des Erzählens, z.B. als Weben, Beleuchten oder Navigieren (Klotz 2007)
Die Tagung will Beispiele für Rezeptionen antiker Erzähltechniken vom Mittelalter bis zur Gegenwart sammeln und damit ein Fundament für weitere Forschungen auf diesem Gebiet legen. Die Begriffe von „Erzählung“ und „Erzähltechnik“ werden dabei in einem weiteren Sinn verstanden. Als „Erzählung“ gelten nicht nur die epischen Genres von Epos und Roman, sondern z.B. auch narrative Lyrik, Historiographie oder erzählende Passagen im Drama (für die mögliche Spannweite s. Jong u.a. 2004–2022). Unter „Erzähltechnik“ werden nicht nur Phänomene verstanden, die ursprünglich der Erzählliteratur entstammen oder nur dort vorkommen, sondern auch jene, die in der erzählenden Literatur eine prominente Rolle bekommen haben. Kriterien für die Einschlägigkeit der Beiträge sind die Rückbindung an formale Techniken des Erzählens und die Argumentation für eine nachvollziehbare direkte oder indirekte Rezeption im Unterschied zu einer bloßen Parallele. Die Rezeption kann dabei natürlich auch über Rezeptionsketten nachgewiesen werden. Auch Untersuchungen transmedialer Adaptionen wie in ‘Petersens epischer Technik’ (Kofler/Schaffenrath 2008) sind willkommen.
Ausgewählte Literatur
Hägg, Tomas: Narrative Technique in Ancient Greek Romances: Studies of Chariton, Xenophon Ephesius, and Achilles Tatius, Stockholm: Svenska Institutet i Athen 1971.
Jong, Irene de u.a. (Hg.): Studies in Ancient Greek Narrative, 5 Bde., Leiden: Brill 2004–2022.
Klotz, Volker: Erzählen: Von Homer zu Boccaccio, von Cervantes zu Faulkner, München: Beck 2006.
Kofler, Wolfgang / Schaffenrath, Florian: ‘Petersens epische Technik: Troja und seine Homerische Vorlage’, in: Literatur im Film: Beispiele einer Medienbeziehung, hg. von Stefan Neuhaus, Würzburg: Königshausen und Neumann 2008, 313–30.
Kuhn-Treichel, Thomas: Metaleptische Bilder des Erzählens: Von der Antike bis zur Gegenwart, Berlin: De Gruyter 2023.
Reitz, Christiane / Finkmann, Simone: Structures of Epic Poetry, 3 Bde., Berlin: De Gruyter 2019.
Organisatorisches
Themenvorschläge und Anmeldung: Vorschläge für einen Vortrag sollten mit Arbeitstitel und einer Zusammenfassung von wenigen Sätzen bis spätestens 31. März 2024 per E-Mail bei
Hotel und Anreise: Die Übernachtung wird, falls nicht anders gewünscht, vom Veranstalter gebucht und übernommen. Wenn die Fahrtkosten nicht von der Heimatinstitution erstattet werden können, sind wir bemüht, auch diese zu übernehmen.
Tagungsort: Co-Creation-Raum, Alte Universität, Bertoldstaße 17, 79098 Freiburg
Format: 30 Minuten Vortrag + 15 Minuten Diskussion. Als Vortragssprachen sind Deutsch und Englisch möglich.
Publikation: Die Vorträge der Tagung sollen im Rahmen der PONTES-Schriftenreihe (Rombach Wissenschaft-Verlag, Baden-Baden) veröffentlicht werden.
Die PONTES-Tagungen zur Rezeption der Klassischen Antike wurden 1999 von Karlheinz Töchterle und Martin Korenjak ins Leben gerufen. Sie fanden bis 2011 im zweijährigen Rhythmus statt, seit 2011 gilt ein dreijähriger. Tagungsorte waren bisher Innsbruck, Bern und Freiburg i.Br., wohin die Tagung 2024 zurückkehren wird.