Monarch und Princeps. Die Demonstration des kaiserlichen Ranges und die Dynamik des senatorischen honor im 1. Jh. n. Chr.

Dissertation von Christopher Decker, gemeldet am 01.04.2023
Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg, Seminar für Alte Geschichte und Epigraphik

Die Rolle des römischen Kaisers ist insbesondere im frühen Principat mit einer Paradoxie umwoben, die sich in den Extremen einer zurückhaltenden und expressiven Repräsentation entfaltet. Seit der Etablierung des neuen Herrschaftssystems sah sich der Kaiser mit den republikanisch gewachsenen Demonstrationsformen des senatorischen Ansehens konfrontiert, das unter dem Begriff honor als zentrale Ordnungskategorie der Aristokratie gefasst werden soll. Der Herrscher musste sich dieser tradierten Repräsentationsmechanismen bedienen, um den senatorischen Ansprüchen zu genügen, die eine partielle Verschleierung seines herausgehobenen Ranges verlangten. Zugleich wurde jedoch eine spezifische Ausprägung des kaiserlichen Auftretens in der soziopolitischen Öffentlichkeit erwartet und auch durch dessen herausgehobenen sozialen Status unumgänglich. Denn erst eine entsprechende Visualisierung verlieh dem spezifischen honor – in der auf öffentlicher Wahrnehmung und Darstellung beruhenden römischen Gesellschaft – die Wirkungskraft des Prestiges (auctoritas).

Das Ziel dieses Promotionsprojekt lautet somit, die Entwicklung und Entfaltung einer kaiserlichen Darstellungsstrategie von Augustus bis Domitian herauszuarbeiten, die den Rang des princeps nach außen hin demonstrierte. Dem schließt sich eine Analyse des herrscherlichen Umgangs mit den senatorischen Darstellungsformen des honor an.

Auf diese Weise sollen Entwicklungslinien einer kaiserlichen Rangentfaltung in ritueller Performanz sowie repräsentativer Visualisierung in Bild und Text erkennbar gemacht werden. Dabei werden die Überlegungen von Andreas Alföldi zur Repräsentation der römischen Kaiser durch das Habitus-Konzept von Pierre Bourdieu erweitert.

Ferner wird untersucht, ob die Zurücknahme der öffentlichen Visualisierung des herrscherlichen Ranges als singulärer Erklärungsansatz für die Kommunikations- und Integrationsprozesse der römischen Führungsschichten im 1. Jahrhundert n. Chr. begriffen werden kann. Der Kaiser soll daher nicht nur als die Verhältnisse nivellierender princeps, sondern auch als die machtpolitische Realität abbildender Monarch gefasst werden