Demokratie durch Los: Entstehung, Entwicklung, Verwendung und Bedeutung des Losverfahrens im klassischen Athen

Dissertation von Claudio SImon Huayna Avila, gemeldet am 20.07.2020
Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg, Seminar für Alte Geschichte und Epigraphik

In der athenischen Demokratie des 5. und 4. Jhs. v. Chr. war es üblich, fast alle politischen Amtsträger durch Losverfahren jährlich zu bestellen. Nur wenige Beamte mit militärischen, finanziellen und religiösen Aufgaben wurden durch Wahl in der Volksversammlung bestimmt. Die Priorisierung des Losverfahrens folgte einer durchdachten Logik: Auch wenn die Athener keine Gewaltenteilung oder unabdingbaren Grundrechte kannten und politische Rechte nur erwachsenen männlichen Bürgern vorbehalten waren, versuchten sie, so weit wie möglich ihre politische Gleichheit (isonomía) zu realisieren. Dazu entwickelten sie verschiedene Schutzmechanismen und Verfahrensweisen, deren Wichtigste die Losung darstellte. Setzt die Wahl die Eignung eines Kandidaten voraus und spielen darüber hinaus dessen rhetorisches Geschick, sozioökonomischer Status und Auftretensweise eine herausragende Rolle, sicherte die Losung durch das Zufallsprinzip eine breite Streuung der staatlichen Ämter innerhalb der Bürgerschaft.

Trotz der zentralen Bedeutung des Losverfahrens für den Charakter und die Funktionsweise der athenischen Demokratie ist noch nie systematisch untersucht worden, wie die Losung im klassischen Athen entstand, welche Formen sie im Laufe der Zeit annahm, in welchen Bereichen des öffentlichen Lebens sie zur Anwendung kam und auf welche Weise sie als demokratische Idee verstanden wurde. Ziel des vorliegenden Dissertationsvorhabens ist es, diesen Fragen nachzugehen und dabei den Umgang mit dem Losverfahren im klassischen Athen zu erforschen.