Göttliche Botschaften aus sterblicher Feder – Pseudepigraphische Orakel und ihre Verbreiter im Athen des 6. bis 4. Jahrhunderts v. Chr.
Dissertation von Jens Fischer, gemeldet am 01.04.2023
Potsdam, Historisches Institut

Orakelsprüche stellen einen ebenso berühmten wie zentralen Bestandteil antiker Glaubensvorstellungen dar. Neben jenen mit festen Heiligtümern wie Delphi, Didyma oder Klaros verbundenen Orakeln existierten dabei auch pseudepigraphische Orakel, die mythischen Seherinnen und Sehern der Vorzeit zugeschrieben wurden. Doch während die Bedeutung der großen Heiligtümer seit langem das Zentrum zahlreicher Studien darstellt, ist der konkrete Einfluss jener pseudepigraphischen Orakel und der Personen, die sie verbreiteten, auf den Bereich des Politischen sowie auf die gesellschaftlichen Entwicklungen und die kulturelle Produktion noch immer nur sehr wenig erforscht. Das Ziel des Projekts besteht daher in einer erstmaligen monographischen Aufarbeitung solcher in der athenischen Bevölkerung zirkulierenden pseudepigraphischen Orakel und ihrer Verbreiter in der Zeit von der peisistratidischen Tyrannis bis zu Athens Niederlage im Lamischen Krieg. Den zentralen Gegenstand der Untersuchung bildet dabei der sich in unseren Quellen abzeichnende Einfluss dieser Orakel auf den Bereich des Politischen sowie auf die gesellschaftlichen Entwicklungen und die kulturelle Produktion. Zu dessen Erschließung wird im Rahmen methodischer Vorarbeiten zuerst eine breite Materialbasis geschaffen, indem die z. T. weit über unsere antiken Quellen verstreuten Zeugnisse zusammengetragen werden. In den weiterführenden Schritten der Untersuchung werden die gewonnenen Daten dann unter Einbeziehung der modernen religions-, geschichts- und kulturwissenschaftlichen Forschungsergebnisse weiterführend betrachtet, diskutiert und konsequent mit geeigneten Parallelquellen kontextualisiert. Im Ergebnis leistet die Studie einen Beitrag zur religions- und kulturwissenschaftlichen Rekonstruktion der besagten Epoche.