Intergenerationelle Relationen in den Briefen des Q. Aurelius Symmachus

Dissertation von Katharina Blaas, gemeldet am 13.02.2023
Universität Tübingen, Philologisches Seminar

Ziel des Projekts ist es, in den ersten sieben Büchern der epistulae die Umsetzung und Abbildung von Generationenbeziehungen zu untersuchen. Dass sich in diesem Corpus gewissermaßen eine Familiengeschichte über drei Generationen nachvollziehen lässt, ist in der Form für die Antike einzigartig. Deshalb soll hier im Besonderen analysiert werden, wie soziales, kulturelles bzw. symbolisches, aber auch ökonomisches Kapital in einer über das gesamte Imperium Romanum vernetzten stadtrömischen Senatorenfamilie in der zweiten Hälfte des vierten Jahrhunderts von einer Generation an die nächste weitergegeben werden. Neben den im Zentrum stehenden Symmachi lassen sich, unter anderem mit Nicomachus Flavianus maior und dessen Sohn, auch andere Familien in die Untersuchung miteinbeziehen, jeweils mit dem Ziel, die Ergebnisse in einem größeren sozialen Rahmen zu kontextualisieren.

Maßgeblich für die Studie ist dabei die konkrete Aktualisierung dieser Transmissionsprozesse auf Textebene. Es werden narrative Sequenzen untersucht, die sowohl auf der Ebene des einzelnen Briefes als auch darüber hinaus auf der Ebene des Buches, einzelner Adressatengruppen oder der gesamten Sammlung den Übergang von einer Generation an die nächste konstituieren. Dabei sollen die überlieferten Briefe in ihrer Eigenschaft als dezidiert literarische Sammlung weniger als „Quelle“ im historischen Sinne, die bestimmte gesellschaftliche Prozesse und Voraussetzungen rein abbildet, gelten. Vielmehr werden sie als eigenständiges und eigenwertiges Produkt dieser sozialen Strukturen und Dispositionen verstanden. Sie gelten dabei als die konkrete Performanz einer elementaren sozialen Praxis dieser spätantiken Reichselite, welche sich aufgrund spezifischer historischer Entwicklungen (Verlegung des Kaiserhofes in andere Reichsteile, Erweiterung des Senats und damit verbundene geographische Streuung der Mitglieder und infolgedessen das Fehlen das Fehlen sozialer Interaktionsräume in physischer Präsenz) vom Mündlichen (Senatsreden und Diskussionen, social events, vertrauliche Gespräche) ins Schriftliche (publizierte Reden, Briefe, etc.) verlagert hat.