3. Und dann bin ich „falsch abgebogen“… oder nicht?!
Erfahrungsbericht einer Klassischen Archäologin auf anderen Pfaden
„Kathrin, ich habe eine Stelle an einer anderen Uni – und Du bist genau die richtige, meinen Job hier im Forschungsmanagement zu übernehmen…!“
Der Weg…
Das war 2016 - Ich stand kurz vor der Verteidigung meiner Doktorarbeit im Fach Klassische Archäologie an der Frankfurter Goethe-Universität, als ich die Nachricht meiner Freundin aus Köln erhielt. Sie kannte mich bereits aus dem Studium in Frankfurt und auch beruflich, da ich sie am Archäologischen Institut der Universität zu Köln (UzK) in Ihrer Elternzeit als Wissenschaftliche Mitarbeiterin vertrat. Nachdem ich dort anschließend noch eine Vertragsverlängerung erhielt, teilten wir dann noch ein Jahr das Büro.
„…Na hör mal!“, war meine Reaktion. „Ich schreibe doch nicht mehrere hundert Seiten Doktorarbeit, um dann im Forschungsmanagement zu landen!?“ Ich war etwas empört. Stand mir doch in Bälde, mit dem Doktor in der Tasche, die (Archäologen-)Welt offen….
„Doch!“ – sie insistierte. „Schau es Dir zumindest einmal an und lass Dir das Aufgabengebiet erläutern…“. Ich war noch nicht überzeugt. Insgeheim sah ich das ominöse „Forschungsmanagement“ in einer rückschrittlichen Amtsbude verortet mit drögen Verwaltungsabläufen und Schaltersituation wie beim Einwohnermeldeamt... ich hatte tatsächlich keine Ahnung.
„…Und die Kollegen, das Umfeld, die vielseitigen Aufgaben, die Verantwortung…“ schwärmte Sie weiter. „Außerdem“ – sie hob den mahnenden Finger der Erfahrung – „fällst Du dann nicht nach der Verteidigung in ein Loch und hast erst mal was.“
Was für ein Loch? Ich war gewiss, die Klassische Archäologie und der Unibetrieb haben nur auf mich gewartet... Aber nun gut; ein nicht unbeachtlicher Teil von mir ist ausgeprägt sicherheitsorientiert und ich entschied: Ansehen schadet ja nichts. Und der Abteilungsleiter ist ja schließlich auch Klassischer Archäologe – so verkehrt kann das ja nicht sein…
Also zimmerte ich meine Initiativbewerbung zusammen und reiste – ganz analog – gleich zwei Mal nach Köln, da ich zwei Vorstellungsgespräche zu führen hatte: Es handelte sich nämlich um eine sogenannte Matrixstelle – an der Schnittstelle zwischen Universitätsverwaltung und dem am Institut angesiedelten Projekt selbst. Allein das Verfassen der Bewerbung öffnete mir schon leise die Augen – kramte ich doch Kompetenzen hervor, die ich durchaus hatte, aber mir noch nie für meine bisherigen Bewerbungen von Relevanz schienen.
…abgebogen…
Mehrere Faktoren unterstützten meine Entscheidung, schließlich tatsächlich das Wagnis zu starten und ins Forschungsmanagement abzubiegen: Die Stadt Köln habe ich in meiner Zeit an der dortigen Uni bereits lieben gelernt und feste Freundschaften geschlossen. Die Aufgaben, wie Sie mir skizziert wurden, klangen tatsächlich spannend! Aber gleichzeitig auch nach einer enormen Hürde… Wie soll ich mich da reinfuchsen? Ist das tatsächlich im Portfolio meiner Expertisen? Organisieren, Koordinieren, Administrieren, Konzipieren…; diplomatisches Verhandlungsgeschick und stets lösungsorientiert denken? Bis auf letzteres hatte ich jene Qualitäten an mir jedenfalls nie bewusst wahrgenommen!
Offenbar sahen das meine Gesprächspartner anders und ich trat kurz nach Verteidigung der Doktorarbeit tatsächlich meine Reise und den Weg ins Wissenschafts- und Forschungsmanagement nach Köln an. Organisieren konnte ich als langjährige Pendlerin schon immer gut – meine beruflichen Stationen waren von Norden nach Süden schon vorher geographisch weit gestreut und von meiner „Homebase“, wie ich Frankfurt gerne nenne, mal mehr mal weniger weit entfernt. Sortieren, Auswerten, Zusammenstellen und Überblick behalten – das praktizierte ich während meiner Doktorarbeit ohnehin. Jedoch: all dies hielt ich immer für „normal“…
Erst mit der „Schulung“ durch das Dezernat 7 „Forschungsmanagement“ der UzK und meine dortige Matrixstelle sowie zwei Jahre später dann als Koordinatorin eines Frankfurter Sonderforschungsbereichs, für weitere 1,5 Jahre zurück an der Goethe Uni, zeigten mir zum einen meine eigene Vielseitigkeit auf und zum anderen diejenigen des Berufs „Forschungs- und Projektmanagerin“. Die Berechtigung dafür, dass es sich bei „Wissenschaftsmanagement“ um einen eigenen Studiengang handelt, habe ich schnell erkannt. Ich hatte jedoch das Glück, durch Eigeninitiative und Fortbildungen, durch Engagement, Interesse und auch die richtigen Menschen auf meinem Weg eine gewisse Expertise in diesem Bereich zu erlangen.
Station, Bestand und Ausblick
Ausreichend dafür, dass ich nach viel Pendeln und Suchen aktuell wieder in meiner Heimatstadt Frankfurt gleich zwei abwechslungsreiche, fordernde aber auch erfüllende Aufgabenbereiche im Forschungsmanagement antreten konnte: Am DIPF und der RGK . Insbesondere mit der Tätigkeit an der RGK konnte ich schließlich wieder den Bogen zur Archäologie schlagen und wirke zurzeit zumindest mit 50% im mir fachnahen Bereich des Wissenschaftsmanagements. Einziger Wermutstropfen: Auch diese beiden Anstellungen sind – wie auch die meisten im Feld der „eigentlichen Forschung“ – befristet und eine Flexibilität bleibt weiterhin als Kernanforderung bestehen.
Wenn ich jetzt auf die Jahre seit 2016 zurückblicke, so merke ich, dass es einen ganzen Schatz an Kompetenzen gibt, die das Studium in einem pflanzt. Man ist sich dieses Schatzes oft nicht gewahr und es ist ein großes, wunderbares Glück, wenn FreundInnen und KollegInnen einen bei Zeiten mit der Nase auf Tätigkeitsfelder und Optionen stoßen, auf welche man selber nie gekommen wäre. Ich habe beschlossen, weiter offen und flexible auf sich bietende Möglichkeiten zu reagieren und mit Engagement und Einsatz meine(n) Beruf(e) weiterzuführen. Ich bin Archäologin und Wissenschaftsmanagerin, Aber auch Beraterin und Netzwerkerin. Bestimmt noch einiges mehr. Jede und jeder von uns hat Talente. Manche sind offensichtlich und aus Abschlusszeugnissen abzuleiten – andere sind individuell und zum Teil verborgen. Danach zu graben lohnt sich – auch für nicht-Archäologen!
Und aktuell - Was macht sie jetzt konkret?
Hierzu gilt noch immer das, was ich im Interview auf der dArV-Webseite formulierte:
„Als Leitung der Koordination eines Forschungsnetzwerks am DIPF und Wissenschaftsmanagerin an der RGK (zur Zeit 50/50) besteht mein beruflicher Alltag aus viel Kommunikation, Koordination, Vernetzung, Strukturierung, Strategiebildung. Mein Berufsalltag ist mehr konzeptionell als operativ.“ Die Anforderungen sind bei jedem Projekt anders. Mal geht es mehr um Mitteladministration, mal mehr um diplomatisches Organisieren. Was ich sowohl bei der RGK als auch beim DIPF mache, ist im Grunde das Fernhalten verschiedener Verwaltungsbelange von den Schultern der WissenschaftlerInnen. Jedoch sind ebenso konkrete kleinere wie größere Projekte in Abstimmung mit Projekt- und oder Dienstellenleitungen umzusetzen. Zum Beispiel entwickeln wir aktuell einen auf die Pandemie zu geschnittenen internen Veranstaltungsleitfaden. Auch für die Planung, Umsetzung und Durchführung von Veranstaltungen bin ich aktiv mitverantwortlich – und natürlich für die Wissenschaftskommunikation.
„…Die Einbindung in den jeweils sehr offenen und harmonischen Kollegenkreisen, die gegenseitige Unterstützung, der Austausch und die stete Weiterentwicklung lassen mich täglich gern zur Arbeit gehen.“
Kathrin Weber-Rauland, Frankfurt