In dieser Rubrik möchte die Mommsen-Gesellschaft ihren Mitgliedern die Gelegenheit bieten, selbstverfasste Tagungsberichte einzustellen, unabhängig davon, ob Sie die Tagung selbst organisiert haben, dort einen Vortrag hielten oder als Zuhörer dabei waren. Bitte beachten Sie für die Abfassung des Tagungsberichtes unsere Richtlinien. Vielen Dank. Den Bericht können Sie per Mail als Word- oder Rich-Text-Dokument (kein PDF) an die/den jeweilige/n  Schriftführer/in schicken. Wir freuen uns auf Ihre Einsendungen.
 
 
 

Einen ausführlichen Bericht zur 33. Großen Mommsen-Tagung vom 16. bis zum 18. April 2015 finden Sie hier.

 

 

Zwischen Fiktion und Realität – Der Norden in der Literatur von der Antike bis zur Renaissance, Freie Universität Berlin, 9.-11. April 2014. Ein Bericht von Daniela kleine Burhoff.

Vom 9. bis 11. April 2014 veranstaltete der Arbeitsbereich Historische Geographie des antiken Mittelmeerraumes der Freien Universität Berlin in Kooperation mit der Kartenabteilung der Staatsbibliothek Berlin sowie dem Center for international cooperation der Freien Universität Berlin eine internationale Konferenz zum Thema „Zwischen Fiktion und Realität – Der Norden in der Literatur von der Antike bis zur Renaissance“. In der Einführung äußerte Herr Prof. Dr. Klaus Geus mit seinen Mitarbeitern Dr. Dr. Ekaterina Ilyushechkina und Dr. Gian Franco Chiai seine Freude über die Zusammenarbeit mit den Staatlichen Universitäten St. Petersburg und Moskau sowie der Russischen Akademie der Wissenschaften, die dem Forschungsvorhaben bereichernde Impulse zukommen lassen. Die breite Aufstellung der Fachgebiete (Alte Geschichte, Klassische Philologie, Archäologie, Mittellatein, Geographie, Kartographie) ermöglicht, nicht nur die literarischen Quellen sprechen zu lassen, sondern auch aktuelle Funde aus der Archäologie zu berücksichtigen.

In dem Eröffnungsvortrag mit dem Titel "La connaissance des régions septentrionales de l'Europe et de leurs habitants au Moyen Age" von Prof. Dr. Patrick Gautier Dalché wurde dem Wandel des Norden-Bildes nachgespürt. Auf Grund des gestiegenen Interesses am Norden im Hochmittelalter entstehen neue Geographien, die sich mit der Region und ihrer Bewohner beschäftigen. Galt der Norden in der Antike als Grenze der Oikoumene, wandelte sich sein Bild mit dem Aufkommen des Christentums. Auf Grund der Divergenz zwischen Darstellungen des Nordens im Alten Testament und der einsetzenden Christianisierung der britischen und irischen Inseln war jedoch der Norden immer noch ambivalent, galt als Hort allen Übels und als Ort des Zeitenendes, an dessen Ende das jüngste Gericht und somit das ewige Leben stand. Durch Erkundungsreisen wurden die Völker und geographischen Begebenheiten der nördlichen Regionen besser bekannt. So wurden, vermutlich bedingt durch den Einfall der Normannen, auch die militärischen Gewohnheiten beschrieben. Infolge von Eroberungen nahmen die karolingischen Herrscher in Anspruch, die reges omnium septentrionalium nationum zu sein. Der Norden war somit im Herzen Europas angelangt. Dies ist auch der Ausbreitung des Christentums gen Norden zu verdanken. Dessen Missionare bereiteten mit ihren Beschreibungen den Weg zu einer wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit diesen Regionen, an deren Ende die Aufnahme des Nordens in das karolingische Reich stand.

Den vollständigen Tagungsbericht finden Sie hier.

Pollution and the environment in ancient life and thought, Berlin, October 16-18, 2014. Report by Daniela kleine Burhoff, Berlin.

In October 2014, Gian Franco Chiai, member of the department for historical geography of the ancient Mediterranean at Freie Universität Berlin organised in cooperation with Dr. Orietta Cordovana (University of Edinburgh) the international conference on “Pollution and the environment in ancient life and thought”, with financial support from the Fritz-Thyssen-Foundation and the excellence cluster TOPOI. The key note was held by Prof. Dr. Klaus Geus, chair of the department for historical geography of the ancient Mediterranean. His topic was the relation between paradoxography and what this literary genre reveals on the perception of environment. Though this genre is not a scientific one and mostly not taken seriously in modern research, albeit new attempts to shed light on the relevance of this kind of literature, paradoxographical authors reveal not only a fascination for nature and hence environment itself, but also an awareness for the problems humans may cause when changing their natural surroundings. Geus was able to show that e.g. a change of a river course was perceived as a threat due to its impact on the ecological system and that man was seen as part of this system. Therefore, manmade changes in nature also had an impact on man himself. Furthermore, he touched the view of common sense geography, a new concept of examining the geographical methods of non-scientific authors, to which the paradoxographers also belong. Geus pointed out that common sense geography also reveals the way nature and environment were perceived, since non-scientific “users” of geography tended to orient themselves via landmarks. So changing a river course not only led to environmental problems (lack of drinking water, extinction of animals etc.), but also to difficulties in finding one’s way in unknown territories. He emphasised the various opportunities looking at non-scientific literary genres may offer with regards to research the concept of nature and environment in ancient times.

The full report may be downloaded here.

 

Was bedeutet Ordnung? Was ordnet Bedeutung? Überlegungen zu bedeutungskonstituierenden Ordnungsleistungen in Geschriebenem. Nachwuchstagung im Rahmen des SFB 933 „Materiale Textkulturen“, Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg, 26.-28. Juli 2013. Ein Bericht von Christian Badura.

Der literaturwissenschaftliche Umgang mit dem Ordnungsbegriff stand in jüngster Zeit ganz im Zeichen Michel Foucaults (cf. z.B. L’ordre du discours, Paris 1971) und der Diskursanalyse, die die Literatur in weitere Zusammenhänge und Ordnungsstrukturen einbettet und die den Texten zugrundeliegende und ihren Sinn konstituierende, aber außerhalb ihrer selbst liegende Ordnung herausarbeitet. Mit der Etablierung einer kulturwissenschaftlichen, epistemisch-diskursiven „Ordnung der Literatur“[1] als Gegenstand der literaturwissenschaftlichen Forschung ging die Historisierung einzelner Texte sowie deren Auflösung als strukturelle Einheit einher.

Das Ziel des seit 2011 an der Universität Heidelberg tätigen Sonderforschungsbereiches „Materiale Textulturen“ ist es, durch die Historisierung und Rekontextualisierung von Geschriebenem zur Erfassung einer nicht-diskursiven Festlegung von (linguistisch verstandener) Bedeutung zu gelangen; hierbei werdensinnkonstitutive historische Rezeptionspraktiken sowie die räumliche Anordnung schrifttragender Artefakte untersucht und rekonstruiert.[2] Im Zusammenhang mit dem von Prof. Markus Hilgert, Initiator des SFB, erarbeiteten Konzept einer „Textanthropologie“ wird die Relativität und Instabilität von Bedeutung betont, die erst durch Rezeptionspraktiken konstituiert werde.

Innerhalb der beschriebenen epistemisch-diskursiven bzw. materialen Perspektive geraten genuin literarische Ordnungsleistungen leicht aus dem Blick. Diesem Problem versuchte eine Nachwuchstagung zum Zusammenhang von Ordnung und Bedeutung im Juli 2013 Rechnung zu tragen, die von zwei im Rahmen des SFB promovierenden Latinisten, Christian Haß und Eva Noller, organisiert und geleitet wurde. Hier wurde eine philologische Perspektive eröffnet, die denjenigen ordnenden Voraussetzungen für Bedeutungskonstitution gerecht werden soll, welche aus den Texten selbst zu rekonstruieren sind.[3] Als zentrale Frage der Tagung ergab sich daraus: Kann es eine vorbedeutsame Ordnung geben, oder: Wie sind Zeichen denkbar, die vor der textuellen Festschreibung in ihrer Semantik erst noch zur Disposition stehen?

Im Rahmen des Heidelberger SFB wurde die Veranstaltung von der Deutschen Forschungsgemeinschaft unterstützt. Die interdisziplinäre Tagung brachte Klassische Philologen und Komparatisten mit Teilnehmern aus den Medienwissenschaften und der Philosophie zusammen. Veranstaltungsort war das Seminar für Klassische Philologie der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg.

Den Tagungsbericht in voller Länge finden Sie hier.

 

 

Anmerkungen:

1: So der Titel eines Workshops an der FU Berlin im Mai 2012.

2: Cf. die Webseite des SFB 933.

3: Cf. J.P. Schwindt, Schwarzer Humanismus. Brauchen wir eine neue Alte Philologie?, Merkur 60 (2006), 1136-1150.